Presse
Wo die Nazis Krieg und Sport vermischten - Zur Fußball-WM öffnet ein Dokumentationszentrum auf dem
Olympia-Gelände
Der Tagesspiegel, 5.11.2005
Die während der Nazizeit erbaute
Langemarckhalle auf dem Charlottenburger Olympiagelände wird zur Fußball-WM 2006 zum Dokumentationszentrum
umgestaltet, das die Vergangenheit der Sportstätte aufarbeiten soll. Deutschland wird ein geschichtsbewusster
Gastgeber sein, sagte Bundesinnenminister Otto Schilly am Freitag, als er die Pläne gemeinsam mit Sportsenator
Klaus Böger (beide SPD) und dem Architekten Volkwin Marg vorstellte.
Derzeit wird die Halle saniert.
Das Land Berlin zahlt drei Millionen Euro für Umbauten, während der Bund 3,3 Millionen Euro für die Ausstellung
beisteuert. Zudem wurde nun ein Vertrag mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz geschlossen; diese fördert mit
200 000 Euro hauptsächlich die Instandsetzung des Glockenturms mit dem Nachguss der Olmpiaglocke von
1936.
Die Langemarckhalle unter dem Glockenturm war anlässlich der damaligen Olympischen Spiele als
Heldengedenkstätte erbaut worden. Ihren Namen erhielt sie nach einer Schlacht aus dem Ersten Weltkrieg: 1914
waren rund 80 000 junge, schlecht ausgebildete und ausgerüstete Kriegsfreiwillige bei Langemarck in Belgien
gefallen. Heute gilt die Schlacht als ein Symbol für sinnloses Sterben. Nun soll eine vom Deutschen Historischen
Museum konzipierte Ausstellung die Instrumentalisierung des sogenannten Heldentodes durch die Nazis
thematisieren. Die Eröffnung ist für März oder April geplant. Während der Fussball-WM soll das
Dokumentationszentrum fast durchgehend für alle Besucher geöffnet bleiben außer an Spieltagen und am Tag
zuvor.
Zur Ausstellung werden Dokumente, Fototafeln und ein Multimedialabor gehören. Der Aufzug im
Glockenturm soll gläserne Wände erhalten und Besucher vom Eingangsbereich in die eigentliche Halle darüber
befördern; während der Fahrstuhlfahrt würden 12 Meter hohe Projektionen gezeigt, hieß es gestern.
Auch, wenn die dunklen Seiten der Vergangenheit im Mittelpunkt stehen, soll das Dokumentationszentrum den Bogen
weiter spannen von den Vorläufern des Olympiastadions in den 20er Jahren bis zur Gegenwart und Zukunft. Die
Idee stammte vom Architekten Volkwin Marg, dessen Büro Gerkan, Marg und Partner das Stadion für die WM
modernisiert hat. CD
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